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Die Wiederentdeckung eines gehörlosen Barockmalers: Ausstellung „Wolfgang Heimbach – Ungehört“ im Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg
Die von der Barthel Stiftung geförderte Ausstellung im Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg zeigte von Mai bis August diesen Jahres die weltweit erste Retrospektive zu dem Barockmaler Wolfgang Heimbach (ca. 1613–1679). Der Künstler zählt zu den bedeutendsten norddeutschen Malern des 17. Jahrhunderts. Der aus Ovelgönne in der Grafschaft Oldenburg stammende Heimbach war von Geburt an gehörlos und nahm die eigene Umwelt zwangsläufig auf besondere Weise war. Von dieser Wahrnehmung erzählt sein umfangreiches Œuvre.
Wolfgang Heimbach war beruflich bemerkenswert mobil. So verschlug es ihn nach Neapel, Rom und Florenz, bevor er für den Grafen von Oldenburg, den dänischen König und schließlich den Fürstbischof von Münster tätig war. Die ständige Suche nach neuen Auftraggebern machte Heimbach zum Reisekünstler. In seinen Werken verschmelzen Einflüsse der niederländischen Barockmalerei mit denen Italiens.
Er brillierte dabei vor allem im Kleinen. Exzellente und beeindruckend filigrane Kleinformate bestechen durch ihren feinmalerischen Detailreichtum und machten den Maler für seine Auftraggeber interessant.
Einzigartig machte Heimbach auch seine besondere Wahrnehmung der Welt. Denn Heimbachs Gehörlosigkeit wirkte sich sichtbar auf seine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema des Andersseins aus: Während Kranke oder Menschen mit einer Behinderung zur Belustigung und mit einem gewissen Grad an Voyeurismus und Abscheu abgebildet wurden, wählte Heimbach in seinen Bildern eine empathische Darstellung des Andersseins. Seine Bildauffassungen zeigen Heimbachs Innovationspotenzial und seine Wahrnehmung von gesellschaftlichen Strukturen, die er in den Werken verarbeitet.
Trotz dieser bemerkenswerten künstlerischen Laufbahn war bislang wenig über das Leben Heimbachs dokumentiert und sein Werk in Vergessenheit geraten. Die Schau „Wolfgang Heimbach – Ungehört“, zu der auch ein umfangreicher Katalog erschien, entdeckte den Künstler wieder und erzählte von seiner Sichtweise der Welt.
Mit „Wolfgang Heimbach – Ungehört“ schlägt das Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte eine Brücke zwischen zwei Themen, die die Barthel Stiftung in ihrer Förderausrichtung bewegen: das Engagement für Vielfalt in Kunst und Kultur in dieser Region und die Inklusion sozial schwacher Menschen mit besonderen Lebensumständen in die Gesellschaft. Die Ausstellung verleiht diesen Menschen und Heimbach eine Stimme.
Die Ausstellung entstand in Kooperation mit dem LWL Museum für Kunst und Kultur Münster, wo sie – in veränderter Form – noch bis zum 4. Dezember 2022 zu sehen ist.
Autorinnen: Dr. Anna Heinze und Theresa Hornischer